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Kein anderes Tier ist so eng mit dem Österreichischen Bundesheer verbunden
wie der Haflinger. Der militärische Einsatz von Pferden klingt im 21.
Jahrhundert zunächst vielleicht nicht zeitgemäß, jedoch
sind sie auch heute noch als Tragtiere bei Einsätzen im Hochgebirge durch
kein anderes Transportmittel zu ersetzen. Die Einsatzaufgabe der Heeres-Haflinger ist die Unterstützung der Gebirgsjägertruppe (6. Jägerbrigade) bei der Zuführung von Waffen, Munition, Verpflegung und anderen Versorgungsgütern bis in die Stellungen der Gebirgsjäger in nicht befahrbarem Gelände. |
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Warum macht es in einer Zeit, in der Pistenraupen und andere Überschneefahrzeuge
tagtäglich Gipfel stürmen und auch bereits ein Hubschrauber
auf dem Mount Everest gelandet ist, für das Bundesheer noch Sinn,
Tragtiere einzusetzen? |
![]() Tragtiere erreichen im unwegsamen Gelände eine ähnliche Beweglichkeit wie der Mensch. © Bundesheer |
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![]() ![]() ![]() überwachung und, analog zur berittenen Polizei, zu Einsätzen bei Demonstrationen und Großkundgebungen herangezogen werden |
![]() ![]() einsätzen günstiger und materialschonender. Außerdem stehen nicht immer ausreichend viele Hubschrauber zur Verfügung. ![]() ![]() Aufgrund der Erfahrungen vom Balkan und aus Afghanistan steigt auch die Bedeutung der Tragtiereinheiten als Feinddarsteller. |
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Die immer weiter fortschreitende Entwicklung der Waffentechnik und
die Einführung von (Panzer-)Fahrzeugen beendeten die Ära der Kavallerie
als Hauptträger des Gefechtes. |
Afghanistan, November
2001: US Special Forces reiten bei der Operation Enduring Freedom Seite
an Seite mit der Nordallianz gegen die Taliban. Auch die Spezialeinheiten anderer Staaten setzen in Afghanistan Tragtiere ein. © US DoD |
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![]() Die Deutsche Bundeswehr setzt seit Juli 2002 im Kosovo 10 Tragtiere ein. Dort werden sie werden zur Überwachung des Grenzgebietes zu Mazedonien benötigt. © JgB 26 |
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Das Bundesheer kann auf einen großen Schatz an Einsatzerfahrungen
mit Tragtieren zurückgreifen, denn österreichische Soldaten
setzten u.a. in beiden Weltkriegen Tragtiere ein. Bereits kurz nach der Gründung des Bundesheeres wurden im Jahr 1958 an den Standorten Saalfelden, Landeck und Spittal an der Drau Tragtierkompanien aufgestellt. Kurze Zeit später wurden aus diesen drei Kompanien je ein Tragierzug ausgegliedert und in Glasenbach, in die Wattener Lizum (zuerst St. Johann/Tirol) und in Lienz stationiert 1971/72 wurden die Tragtierkompanien aufgelöst. Man bildete stattdessen vier Tragtierzüge (später als Tragtierstaffeln bezeichnet), die in Hochfilzen, Landeck, Lienz und Spittal/Drau stationiert wurden. |
![]() Tragtier mit Teilen eines mittleren Granatwerfers. © Truppendienst 5/05 |
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im Alter von 6 Monaten
werden die Hengst-Fohlen vom Bundesheer angekauft. Die meisten Tiere stammen
vom bekannten Fohlenhof Ebbs (Tirol). Mit 3 Jahren werden sie einer Diensttauglichkeitsprüfung (Remontierung) unterzogen und kastriert. Die Kastration ist übrigens Teil der Ausbildung von Studenten der Tierheilkunde der Veterinärmedizinischen Universität. © Internet |
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Im Jahr 1983 wurde in Hochfilzen eine Remontenstation errichtet. Unter Remonten versteht man die Jungpferde in Grundausbildung, die mit Longieren, Geradeausreiten und Zirkelreiten beginnt. Die in Hochfilzen stationierte Tragtierstaffel wurde zur Ausbildungsstaffel umstrukturiert. Die Ausbildung der Haflinger ist lang und umfassend. Die Tiere müssen perfekt gehorchen und der Instinkt, vor Gefahr (z.B. Schüssen) zu flüchten, muss unterdrückt werden. Die Ausbildungsstaffel übergab die Haflinger nach ihrer Grundaus- bildung den drei Einsatzstaffeln. Im August 2005 dienten 116 Tragtiere und 47 Remonten und Fohlen beim Bundesheer. Im Zuge der Heeresreform ÖBH 2010 kommt es zu einschneidenden Veränderungen beim Tragtierwesen. Ab 2007 werden die Tragtierstaffeln in Landeck, Lienz und Spittal/Drau aufgelöst und mit der Tragtierstaffel in Hochfilzen zu einer Tragtierkompanie zusammengefasst. Der Tierbestand soll durch Verkäufe verkleinert werden. Aufgrund ihrer Ausbildung sind die Heeres-Haflinger bei Hütten- u. Landwirten und bei Tourismusbetrieben sehr gefragt. Mit ein Grund für die Zusammenlegung in Hochfilzen sind neue EU-Vorschriften für die Ausbildung und Haltung von Pferden, die neue Stallungen nötig machen. |
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![]() Munitionstransport 1974. Trotz schwerer Last ist diese bewachsene Böschung kein Problem. © Bundesheer |
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Anders als man vielleicht annehmen könnte, ist der Haflinger keine alte
Pferderasse sondern eine recht moderne Schöpfung der k.u.k. Armee. In
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu einem Versorgungsengpass
der Truppen im Alpenraum mit Pferden, was damals natürlich eine ernste
Sache war. Für eine Zucht in größerem Ausmaß fehlte in dieser Region die
Futterbasis. Das für Pferdezucht zuständige Militärinspektoriat beschloss in Zusammenarbeit mit dem Ackerbauministerium eine schlaue Form der Förderung der Pferdezucht im Tiroler Raum. Maßnahmen, die auch den dort ansässigen verarmten Bergbauern helfen sollte. In Laas im Vinschgau wurde ein Hengstfohlen-Aufzuchthof eingerichtet. Für alle vierjährigen Hengstfohlen bekamen die Züchter eine Abnahmegarantie. Nach der Abnahme wurden die Jungpferde vier Jahre lang von Armeeangehörigen ausgebildet und dann einem Bauern zur Pflege und Nutzung übergeben. Über einen Zeitraum von vier Jahren mussten die Tiere bei Bedarf sofort in einem einsatzfähigen Zustand zur Verfügung gestellt werden. Danach gingen die Pferde in den Besitz des jeweiligen Pflegers über. Dieses System trug dazu bei, dass die Bauern in ihrem eigenen Interesse ein kräftiges Trag- und Saumpferd heranzüchteten, das ganz genau den Erfordernissen der alpinen Kriegsführung entsprach. |
![]() Damals wie heute ist die natürliche Aufzucht in der Herde und das Erlauben von Rangordnungskämpfen für die Robustheit und den Charakter der Haflinger prägend. © TVB/BBS Sölden (Guido Mangold) |
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1874 kam es in Schluderns, Südtirol, zu einem heissen Date zwischen dem orientalischen Hengst "133 El Bedavi XXII" und einer (gar nicht so) kaltblütigen Landstute mit galizischen Wurzeln. Kurz darauf war ein Goldfuchs mit Aalstreifen geboren - er trug nach seinem Züchter Josef Folie den schönen Namen "249 Folie". Das Tier entsprach genau der Idealvorstellung des damaligen Gestütskommandanten Graf Huyn - ein temperamentvolles und kompaktes Muskelpaket mit Araberadel. 249 Folie zog das große Los - er wurde als Deckhengst angekauft. In den folgenden 19 Jahren erhielt 249 Folie reichlich Gelegenheit, seine Vorzüge zu vererben. Bereits 1898 wurden seine Mühen vom k.u.k. Ackerbauministerium belohnt und für den entstandenen Pferdebestand die Rassebezeichnung "Haflinger" genehmigt. Der Name "Haflinger" leitet sich von dem Bergdorf Hafling bei Meran ab und war bereits zuvor in Südtirol ein volkstümlicher Ausdruck für Saum- und Tragpferde. Haflinger gab es damals noch in vielen Farbkombinationen. Erst 1908, nach der Gründung einer Zuchtgenossenschaft im Sarntal, wurden die Haflinger allmählich zu den heute bekannten Goldfüchsen mit blonden Mähnen und Schwänzen. Nach der Abspaltung Südtirols durch das Pariser Abkommen verlagerte sich das Zentrum der Haflingerzucht in die anderen Teile Tirols. Auch in Vorarlberg und in Kärnten wurden nun die Kleinpferde gezüchtet. Heute existiert neben dem Ur-Haflinger auch eine höhere Reitpferd-Linie, der Arabohaflinger. Insgesamt bevölkern 250.000 Haflinger im Jahr 2005 die Erde. |
Haflinger im Assistenzeinsatz
zur Grenzraumüberwachung. Beachte die Halterung für das StG-77
auf dem Sattel. © Bundesheer |
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Auch dieser Haflinger
diente beim Bundesheer. Der Haflinger 700AP wurde von 1959 bis 1974 von
der Steyr Daimler Puch AG gebaut. Ähnlichkeiten sind durchaus vorhanden:
Höchst gelände- gängig, 400kg Nutzlast bei nur 610kg Eigengewicht und der Höhenweltrekord für Fahrzeuge (5680m). Der 2-Zylinder 4-Taktmotor leistete 22 PS. Insgesamt wurden in Graz 16.647 Stück gebaut. © Doppeladler |
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In der Schweiz hatten Tragtiere aufgrund der Topographie des
Landes schon immer einen hohen Stellenwert - sowohl in der Landesverteidigung,
als auch im Katastrophenfall. Die sogenannten Train-Formationen haben
dementsprechend auch eine lange Tradition. Doch auch in der Schweiz kam
es zu einschneidenden Veränderungen im Tragtierwesen. Hatte die Armee
1995 noch 4.600 Pferde, so bestehen die Train-Truppen nach der jüngsten
Heeresreform Armee XXI nur mehr aus 650 Tragtieren der Freiberger Rasse
und 60 Reittieren. Auch die Deutsche Bundeswehr setzt bereits seit 1958 auf Tragtiereinheiten. Seit 1981 ist allerdings die Gebirgstragtierkompanie 230 in Bad Reichenhall die einzige pferdehaltende Einheit. Im Jahr 1993 wurde die Kompanie in Einsatz- und Ausbildungszentrum für Gebirgstragtierwesen (EAZ 230) unbenannt und die Zahl der Tragtiere auf 54 reduziert. Die Bundeswehr verwendet zu einem Drittel Haflinger und zu zwei Drittel Maultiere. Die Tragtiere üben aufgrund der Möglichkeit, lautlos und unauffällig große Entfernungen zurückzulegen, des öfteren mit dem Kommando Spezialeinsatzkräfte (KSK). |
der beste Freund des Gebirgs- jägers ist der Haflinger, denn die einzig echte Alternative zu Tragtieren ist es, die Last selbst zu tragen. Nicht zu unterschätzen ist die Funktion des Haflingers als Sympathieträger. Der Wert der Tiere im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist für das Bundesheer enorm. © Bundesheer |
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