Die „European Advance 2013“ (EURAD13) war das größte Heeresmanöver im Jahr 2013
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Vor etwa drei Monaten wurde das friedliche Greenland von den Truppen Redlands überfallen. Der eifersüchtige Nachbar hatte es auf die reichen Ölfelder Greenlands abgesehen und hält die betroffenen Gebiete seither besetzt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen entschließt sich zur Intervention und ersucht die Europäische Union um Unterstützung.
Eine EU Battlegroup (EUBG) soll angesichts der instabilen Lage und der humanitären Katastrophe rasch eingreifen und die Redland-Truppen durch Androhung und – falls nötig – Anwendung von Gewalt zum Rückzug zwingen. Im Anschluss soll dann eine UN Blauhelmmission übernehmen.
So lässt sich in wenigen Worten das Szenario der Übung „European Advance 2013″ (EURAD13) zusammenfassen. Die Übung fand vom 21. Mai bis 7. Juni 2013 im Großraum Truppenübungsplatz Allentsteig-Horn-Weitra-Langenlebarn statt, wobei sich die besonders heiß umkämpften erdölreichen Gebiete auf dem TüPl Allentsteig befanden.
Die EURAD13 war das größte Heeresmanöver des Bundesheeres im Jahr 2013. Etwa 4.000 Personen, davon über 3.000 Soldatinnen und Soldaten des Bundesheeres, nahmen an der Übung teil. Die von Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien gestellte Truppe setzte etwa 50 gepanzerte und 250 ungepanzerte Fahrzeuge sowie 23 Luftfahrzeuge zu ihrer Aufgabenerfüllung ein.
Das für die Übung mobilisierte Miliz-Jägerbataillon Oberösterreich wurde aufgrund der Hochwasserkatastrophe 2013 abgezogen und ging in den Assistenzeinsatz. Auch einige Luftfahrzeuge wurden zur Katastrophenhilfe abkommandiert.
Generalmajor Heinrich Winkelmayer, der taktische Leiter der Übung, in seinem Lagezentrum
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Der Chef des Stabes beim Streitkräfteführungskommando, Generalmajor Heinrich Winkelmayer, war der taktische Leiter der Übung. Wir trafen den Generalmajor in seinem Lagezentrum. Winkelmayer betont, dass militärische Konflikte nur in Kooperation mit anderen Staaten bewältigt werden können. Multinationale Übungen stellen eine wesentliche Voraussetzung dar, um in Folge auch gemeinsam in einen Einsatz gehen zu können. Eine Besonderheit der EURAD13 ist mittlerweile, dass es sich um eine große „boots-on-the-ground“ Übung handelt. Es werden nicht nur Symbole auf Landkarten und Bildschirmen bewegt, alle Truppenteile befinden sich real im Feld. Das erklärt auch das hohe Interesse anderer Nationen an der Teilnahme.
Besondere Herausforderungen ortet Winkelmayer bei der Harmonisierung der unterschiedlichen Verfahren der einzelnen Streitkräfte – insbesondere im Bereich der modernen Aufklärungsmittel, die die Partner für die Übung bereitstellen weil siee im Bundesheer nicht vorhanden sind bzw. sich derzeit noch in Einführung befinden.
„Boots-on-the-ground“ – bei der EURAD13 wird nur der scharfe Schuss simuliert
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Man darf sich die EURAD jedoch nicht als reines Militärmanöver vorstellen. Alles, was es in einer Krisenregion gibt, gab es auch in Allentsteig: Flüchtlinge und Kriegsgefangene erforderten Fingerspitzengefühl und Mitgefühl, Warlords nutzten geschickt das Machtvakuum, Terroristen sorgten dafür, dass man sich nirgendwo sicher fühlen konnte, Medien beider Seiten und PSYOPS Spezialisten der EUBG kämpften um die öffentliche Meinung.
AUFKLÄRUNG & ANGRIFF
Aus der Sicht des traditionellen Soldatenhandwerks stand bei der EURAD in der ersten Phase die Aufklärung in einem multinationalen Aufklärungsverbund im Vordergrund. Die österreichischen Artillerie-Aufklärungsbataillone (AAB) wurden durch deutsche und französische Aufklärer verstärkt, wobei die Bundeswehr neben Aufklärungsfahrzeugen auch zwei Drohnentypen im Einsatz hatte: Die LUNA (max. 100km Reichweite mit Relaisstationen) und die ALADIN zur Aufklärung im Nächstbereich. Letztere befindet sich in der Leistungsklasse jener Fluggeräte, die man auch beim Bundesheer einführen möchte.
Startbereite LUNA Drohne der Deutschen Bundeswehr © Doppeladler.com
In der zweiten Phase spielte die Einsatzart „Angriff“ eine wesentliche Rolle. Denn im Übungsdrehbuch war natürlich längst festgeschrieben, dass Redland nicht kampflos abziehen würde. Die Battlegroup musste daher ihr robustes Mandat voll ausschöpfen und die Widerstandsnester einnehmen.
ZIVIL-MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT
Da Konflikte nie allein militärisch gelöst werden können, spielt die zivil-militärische Zusammenarbeit (CIMIC – Civil-Military Co-Operation) auch bei Heeresübungen eine immer größere Rolle. Darum nahmen auch CIMIC Spezialisten des Bundesheeres an der Übung teil.
AbsolventInnen des Universitätslehrgangs für Frieden, Entwicklung, Sicherheit und Internationale Konflikttransformation der Universität Innsbruck brachten die zivile Komponente ein. Die multinationalen Absolventen dieses einzigartigen Lehrgangs sind weltweit im Einsatz und stellen dem Bundesheer ihr Wissen und ihre Erfahrungen zur Verfügung. Laut Generalmajor Herbert Bauer, als Militärkommandant von Tirol ist ihm die Kooperation mit der Universität ein besonderes Anliegen, ist diese Zusammenarbeit jedoch keine Einbahnstraße. Als Studenten haben die Absolventen vom Bundesheer gelernt, wie man sich in einem Krisengebiet bewegt und wie man sich richtig bei Minengefahr oder bei einer Geiselnahme verhält. Wie uns Wolfgang Dietrich, der Leiter des seit 2001 bestehenden Masterprogramms erklärt, wurde der Lehrgang bereits von StudentInnen aus 70 bis 75 Ländern absolviert und gilt seit 2008 als UNESCO Lehrstuhl.
Die UN Fact-Finding-Mission eröffnet das UN Regional Center in Greenland © Doppeladler.com
Bei der EURAD13 stellten die AbsolventInnen eine UN Fact-Finding-Mission dar. Sie sollten die nachfolgende UN Mission vorbereiten und den Bedarf an humanitärer Hilfe abklären. Dabei kam es nicht nur zu Konfliktsituationen mit den Streitparteien, sondern gelegentlich auch zu Interessenskonflikten mit der Battlegroup, mit der ansonsten eng zusammengearbeitet wurde.
ZEUGNIS NACH NATO STANDARDS
Die EURAD13 wurde auch für ein Zertifizierungsprogramm nach NATO Standards genutzt. Die Richtlinien des Bündnisses sind nicht nur als Mitglied der „Partnerschaft für den Frieden“ für Österreich relevant. Auch EU und UN Einsätze nutzen die anerkannten Normen.
Eine Aufklärungskompanie, eine ABC-Abwehrkompanie, eine Pionier-Baukompanie, ein Zug der Kampfmittelabwehr, ein Zug der Militärpolizei, ein Team Psychological Operations (PSYOPS), ein Teams der zivil-militärischen Zusammenarbeit (CIMIC) sowie ein Team zur Informationsgewinnung (HUMINT) wurden nach dem NATO Evaluation Level 2 (NEL2) evaluiert. Während NEL1 die Fähigkeit zur friktionslosen Zusammenarbeit mit anderen Nationen (Interoperabilität) bestätigt, zielt NEL2 auf die militärischen Fähigkeiten der Einheit ab. Alle Truppen bestanden den Test – in nahezu allen Bereichen mit „excelent“.
IMPRESSIONEN
ÜBUNGSTEILNEHMER
- Österreichisches Bundesheer: Streitkräfteführungskommando, Teile der 6. und 7. Jägerbrigade, die Militärstreife und Militärpolizei, Elemente der Luftunterstützung und Luftraumüberwachung, Stabspersonal aller Militärkommanden, Jägerbataillon Oberösterreich (wurde abgezogen!), die Auslandseinsatzbasis, das Führungsunterstützungsbataillon 1 und 2 sowie Studentinnen und Studenten der Universität Innsbruck.
- Deutschland (216 Personen): Panzergrenadierkompanie, Aufklärungskompanie (Drohnen), Kampfmittel-Abwehrelement, Stabspersonal
- Frankreich (66 Personen): Aufklärungskompanie, Stabspersonal
- Italien (4 Personen): Stabspersonal
Weiterführende Links:
- Unsere Reportage von der Übung EURAD 2010
- ULG Frieden, Entwicklung, Sicherheit und Internationale Konflikttransformation der Universität Innsbruck.
- EURAD13 Informationsmodul auf bundesheer.at
DOPPELADLER.COM bedankt sich bei der Pressestelle der EURAD13 für die hevorragende Betreuung, ohne die diese Reportage nicht möglich gewesen wäre. Ohne dem zur Verfügung gestellten Bildmaterial hätten wir mit den eigenen Fotos nur einen sehr beschränkten Einblick in diese interessante Großübung gewähren können.