Wie das Verteidigungsministerium bekanntgab, wurde am Sonntag, den 30. Juni 2024, der Kaufvertrag für 12 Transporthubschrauber vom Typ Sikorsky UH-60M BLACK HAWK unterzeichnet. Es handelt sich um die modernste Version „Mike“ des auch in Österreich sehr geschätzten Erfolgsmodells, welche aktuell auch für die US Army produziert wird.
Die Beschaffung war bereits erwartet worden, denn eine zweite BLACK HAWK Staffel war von Beginn an im Aufbauplan Bundesheer 2032 enthalten. Es handelt sich um einen bedeutenden Schritt zur Modernisierung der Luftfahrzeugflotte und zur Verbesserung der Einsatzfähigkeit des Bundesheeres.
Nachdem das US Außenministerium dem Hubschrauber-Export zugestimmt hatte, war das angefragte Angebot am 29. Mai 2024 an Österreich ergangen. Das Vertragsvolumen beträgt 715 Mio. Euro, die Hubschrauber sollen ab 2028 zulaufen. Die Nutzungsdauer beim Bundesheer wird mit zumindest 30 Jahren angegeben. Das Gesamtpaket umfasst die Luftfahrzeuge mit logistischen Leistungen, umfangreicher Missionsausrüstung sowie Ausbildungsleistungen für Piloten und Techniker.
Die Beschaffung wird als Regierungsgeschäft über das FMS-Programm der US Regierung abgewickelt (FMS – Foreign Military Sales). Durch den jetzt erfolgten Zuschlag konnte man noch am 10. Rahmenvertrag der US Army für 120 Maschinen (+135 Optionen) bis 2027 teilhaben und profitiert von den darin enthaltenen günstigeren Konditionen.

Schritt in Richtung 2-Typen-Flotte
Die zwölf neuen BLACK HAWKs sollen am Fliegerhorst Vogler in Linz-Hörsching stationiert werden. Dort sollen sie die mittleren Transporthubschrauber Agusta Bell AB-212 ablösen, welche um das Jahr 2030 außer Dienst gestellt werden sollen. Das Bundesheer betreibt derzeit noch 22 AB-212. Sie wurden ab dem Jahr 1980 eingeführt und wären dann etwa 50 Jahre alt.
Ziel ist es, in Zukunft nur mehr zwei mehrzwecktaugliche Hubschrauber-Systeme in zwei unterschiedlichen Leistungsklassen zu betreiben: Derzeit wären das 24 Stück BLACK HAWK und 36 Stück AW-169M LION. Ein großer Teil dieser Flotte ist noch gar nicht ausgeliefert. Das ist nicht nur ein großer Modernisierungsschub, sondern auch eine deutliche Vereinfachung von Ausbildung und Logistik. Der höhere technische Klarstand des top-modernen Geräts wird die tatsächliche Verfügbarkeit der Hubschrauber deutlich verbessern. Aufgrund der technischen Unterschiede zwischen dem modernisierten S-70A-42 und der „Mike“ sollte man aber besser von einer 2,5-Typen-Flotte sprechen (siehe unten).
Währenddessen befinden sich die letzten zwei der neun vorhandenen S-70A-42 des Bundesheeres (BJ 2002) bei ACE Aeronautics in Alabama zur umfangreichen Cockpit-/Avionik-Modernisierung. Als Teil des Vertrags mit ACE werden drei gebrauchte UH-60L der US Army auf einen gleichwertigen Stand gebracht, sodass künftig 12 S-70A-42 mit Ace Deck VL-60 auf Basis des Garmin 5000H Flight Decks zur Verfügung stehen. Sie bleiben am Fliegerhorst Leopold Figl – Flugplatz General Pabisch in Langenlebarn stationiert (vormals Fliegerhorst Brumowski).

Das Cockpit eines UH-60M BLACK HAWK mit seinen vier zentralen Multi-Funktions-Displays.
Natürlich muss man auch das Personalproblem in den Griff bekommen. Das ist laut Anfragebeantwortung vom 17.06.2024 in Arbeit: „Derzeit sind 81 Militärhubschraubereinsatzpiloten für 114 Planstellen im Einsatzverband tätig. Sechs Militärhubschrauberpiloten sind in Ausbildung zum Einsatzmilitärpiloten und zwei Militärpiloten in Ausbildung zum Hubschrauberpiloten. In den kommenden Jahren ist geplant, jeweils acht bis zehn Hubschrauberpiloten auszubilden.“
Umfangreiche Ausstattung der neuen Hubschrauber
Aus den Genehmigungsanträgen für den UH-60M Export der DSCA – Defense Security Cooperation Agency lassen sich Einzelheiten über das verhandelte BLACK-HAWK-Paket herauslesen. Wie exakt diese Angaben tatsächlich mit dem Kaufvertrag übereinstimmen bleibt abzuwarten.
Der Vertrag umfasst demnach 12 Maschinen UH-60M BLACK HAWK und 26 Triebwerke Typ General Electric T700-GE-701D (2 Stück Reserve). Diese D-Variante des Triebwerks wird bei den BLACK HAWKs und APACHE Hubschraubern der US Army eingesetzt. Das digitalisierte Glas-Cockpit mit seinen vier Multi-Funktions-Displays (MFD) stammt von Rockwell Collins. Dazu kommt ein Improved Heads Up Display IHUD.
Wie die Bestandsflotte werden auch die neu zulaufenden UH-60M über ein Farb-Wetterradar verfügen. Hinzu kommt das Multisensor EO-/IR-Kamerasystem WESCAM MX-10D von L3Harris für taktische Überwachungsmissionen inkl. Zielerfassung und Laserzielmarkierung aus niedriger Flughöhe. Auch das Filtersystem EIBF (Engine Inlet Barrier Filters) an den Triebwerkseinläufen und das DVE Sichtsystem für schlechte Sichtverhältnisse (DVE – Degraded Visual Environment) werden das Aussehen der Österreich-Mike-Variante mitbestimmen.



Links: Das Außenlast-Trägersystem ESSS gibt es schon für den S-70, es wurde für den UH-60M überarbeitet © Bundesheer / Mitte: Filtersystem EIBF für die Triebwerkseinläufe hält Schmutz und Kleinteile fern © Donaldson / Rechts: eine der Varianten, Wetterradar und Sensorturm am Bug unterzubekommen – S-70i aus Brunei © Pangalau
Die Schutzausrüstung besteht aus 15 Stück AN/AAR-57 Counter Missile Warning Systems (CMWS) von BAE Systems; APR-39C(V)1/4 Radarwarnempfänger und AVR-2B Laserwarnempfänger. Da derzeit auch bei den vorhandenen S-70 an der Modernisierung der Schutzsysteme gearbeitet wird könnte es hier zu einer Vereinheitlichung kommen. Statt dem derzeit verwendeten Täuschkörper-System der US Navy kommen je zwei Flare- und Düppelwerfer für alle BLACK HAWKs.
Weitere Systeme: Österreich-spezifisch ist die Vorbereitung für das CONRAD Truppenfunksystem und für das TETRA Behördenfunksystem. Darüber hinaus wurden angefragt: 30 eingebettete GPS-Systeme H-764U mit Trägheitsnavigation (EGI) mit länderspezifischen, selektiv verfügbaren Anti-Spoofing-Modulen. AN/ARN-147(V) Funkempfänger für das Instrumentenlandesystem; AN/ARN-149(V) Automatic Direction Finder (ADF); AN/ARN-153 Tactical Air Navigation Systeme (TACAN); AN/APN-209 Radarhöhenmesser; EBC-406HM Notrufsender (ELT); taktische Peilsender DF-935; die Kollisionswarnsysteme Traffic Alert Collision Avoidance System (TCAS II) und Helicopter Terrain Awareness System (HTAWS).
Zur weiteren Ausstattung gehört ein ballistischer Schutz BAPS (Ballistic Armor Protection Systems); palettierte crashsichere Martin-Baker-Sitze für die Bordtechniker/Doorgunner; interne Zusatztanks (IAFTS – Internal Auxiliary Fuel Tank System); zentrale Lasthaken, externe Rettungswinden (ERH – External Rescue Hoist); Fast Rope Insertion Extraction Systeme (FRIES) zum Absetzen von Spezialeinsatzkräften; Aufnahmesysteme für je 2 Krankentragen (DPLS)
Zubehör: Das neue Außenlast-Trägersysteme ESSS (External Stores Support System) verfügt nun über ein absturzsicheres externes Treibstoffsystem für die Außentanks; crashsichere 4.871 Liter Zusatztanks (CEFS – Crashworthy Extended Range Fuel Systems); Vorbereitung Einsinkschutz (Ski); Vorbereitung Löschbehälter Bambi-Bucket; Rüstsatz für VIP-Transporte; Helme


Auch Teil des Pakets: Der BLACK HAWK Aircrew Trainer (BAT) ist ein kompakter Simulator in einem vertikal erweiterbaren Container. Er beinhaltet ein komplettes UH-60M-Cockpit, ein Projektionssystem mit 200 Grad Sichtbereich und eine Instructor Operator Station (IOS).
Unterschiede S-70A-42 zu UH-60M
Zuerst einmal zur Bezeichnung: Die S-70 wurden im Jahr 2000 direkt beim Hersteller Sikorsky beschafft tragen daher die Herstellerbezeichnung für den BLACK HAWK am Weltmarkt. Der S-70A-42 entspricht einem UH-60L. Als 42. Variante war die Österreich-Version bereits mit einem Glas-Cockpit ausgestattet, während die US Army noch analoge Uhren-Cockpits nutze. Nun läuft die Beschaffung über ein FMS Regierungsgeschäft und daher heißt das aktuelle Modell wie bei der US Regierung üblich UH-60M.
Aber Namen sind nur Schall und Rauch – es bestehen durchaus deutliche Unterschiede zwischen den 12 S-70A-42 und den 12 UH-60M, weshalb es auch gerechtfertigt erscheint, dass nicht beide Typen in der gleichen Fliegerwerft betreut werden.

Cockpit des UH-60M BLACK HAWK
Der entscheidende Unterschied für die Besatzung ist das Cockpit. Das „Mike“-Cockpit ist zwar nun ebenfalls voll-digital und mit vier großen Multifunktionsanzeigen ausgestattet, basiert aber auf Systemen von Rockwell Collins – d.h. gegenüber dem Ace Deck VL-60 eine gänzlich andere Hard- und Softwarelösung. Ein S-70 Pilot kann daher nicht einfach so in einen UH-60M umsteigen. Zur fortschrittlichen Avionik gehört auch ein vollständig gekoppelter 4-Achsen Autopilot, ein duales digitales automatisches Fly-By-Wire System Flugsteuerungssystem für bessere Manövrierfähigkeit und Stabilität unter schwierigen Bedingungen sowie ein Integrated Vehicle Health Management System (IVHMS) zur Echtzeit-Systemüberwachung und Fehlerdiagnose.
Die verbesserten T700-GE-701D Triebwerke liefern etwa 4% mehr Leistung und sind auf höhere Zuverlässigkeit und Langlebigkeit getrimmt. Der Triebwerksauslass ist nach oben in Richtung Hauptrotor gerichtet, wodurch die Wärmeausstrahlung reduziert wird. Das Getriebe wurde um die Rotorbremse der Marineversion Seahawk ergänzt und sitzt auf einem verstärkten Getriebeträger.
Die neuen 4 cm breiteren Rotorblätter werden nun vollständig aus Verbundwerkstoff gefertigt. Die Blattspitzen sind stärker zurückgepfeilt und nach unten geneigt (anhedral). Der Hauptrotor liefert dadurch eine bessere Leistung mit mehr Auftrieb. Die Flugeigenschaften sollen sich verbessern. Darüber hinaus halten sie feindlichen Beschuss besser stand.

Der UH-60M „Mike“ ist an leicht an den nach oben gerichteten Triebwerksauslässen zu erkennen. So wird die warme Abluft direkt in den Rotor geblasen und das Wärmebild reduziert © Doppeladler.com
Die Hubschrauber-Zelle wird beim „Mike“ in weniger Einzelteilen hergestellt, ist etwas crash-resistenter und langlebiger. Sie weist eine neue hintere Zugangstüre und ein Avionikfach auf. Der Kabinenrahmen ist gefräßt statt genietet und dadurch leichter und langlebiger. Das Oberdeck wurde vom MH-60S Knighthawk übernommen. Eine aktive Vibrationsdämpfung für die Kabine mit entsprechender Sensorik und Stellmotoren erhöht den Komfort. Die neuen Pilotensitze sind mit personalisierbaren Stößdämpfern ausgestattet, damit bei harten Landungen die Belastung des Rückens minimiert wird.
Durch die Modifikationen ist das Leergewicht des UH-60M gegenüber dem S-70A/UH-60L um rund 300 kg auf 5.669 kg gestiegen. Die maximale Last am Außenhaken ist dennoch um 450 kg auf 4.082 kg gestiegen. Die Steigleistung auf 1.219 m Höhe gelingt bei 95% Triebwerksleistung und 8.164 kg Abfluggewicht nicht mehr mit 180 m/min sondern mit 303 m/min.
„Magic-Mike“ – Das Video
Weiterführende Links:
- Zwölf neue Black Hawk Hubschrauber für das Bundesheer; bundesheer.at; 03.07.2023
- Freigabe UH-60M Export durch DSCA – Defense Security Cooperation Agency; dsca.mil; 29.05.2024
- Unterschiede S-70A und UH-60M; Martin Rosenkranz auf X; 01.06.2024
- Bundesheer: Der neue UH-60M Black Hawk im Detail; militaeraktuell.at, 03.07.2024
Titelbild: Sikorsky UH-60M BLACK HAWK der Slowakischen Luftstreitkräfte © Doppeladler.com